Bericht vom 1. Stage-Secrets-Festival 2012
Metal-Festivals zu organisieren scheint ja heutzutage ein wahrer Volkssport geworden zu sein, sodaß man ein neu auf die Beine gestelltes Festival oft nur müde zur Kenntnis nimmt und gleich wieder vergißt. Beim Stage-Secrets-Festival wäre das jedoch sehr schade gewesen, denn bereits bei seiner ersten Ausgabe konnte es mit einer feinen Musikauswahl aus verschiedenen Spielarten des Black Metal sowie mit Auftritten aufwarten, die man nicht aller Tage zu sehen bekommt.
Das Festival fand am 3. November 2012 im Kulttempel in Oberhausen statt. Folgende Bands waren zu erleben:
Wie man sieht, reicht die musikalische Spannweite von traditionellem Black Metal über Avantgarde-Black-Metal bis hin zu Depressive- und Post-Rock und Post-Punk.
Waldgeflüster aus Bayern eröffneten den Abend mit solidem, wenn auch nicht übermäßig innovativem heidnischem Black Metal, um dann die Bühne an Wassermanns Fiebertraum zu übergeben. Diese deutsch-österreichische Instrumentalgruppe fiel musikalisch ein wenig aus dem Rahmen mit ihrer Musik, die sich zwischen klassischem Rock, Pink Floyd und Black Metal in keine Schublade einordnen ließ. Den Musikern war die Spielfreude anzusehen, und nebenbei liefen auf dem Bühnenhintergrund Videosequenzen, die in ihrer schemenhaften Bildsprache und ihrem abstrakten Inhalt den Konzertbesucher geradezu aufforderten, sich bewußt mit der dargebotenen Musik zu beschäftigen.
Als nächste Band war Thränenkind an der Reihe, und leider war diese Band von technischen Problemen geplagt. Gleichzeitig absolvierte Nils, der als Schlagzeuger von Fäulnis her bekannt ist, hier seinen ersten Auftritt als neuer Sänger. Nach einigen aktuellen Stücken wechselten die Sänger: Heretoirs Frontmann David, der bei Thränenkind an diesem Abend zugleich Gitarre spielte, sang die älteren Lieder, und Torsten von Nocte Obducta hatte einen Gastauftritt.
Der darauffolgende Fäulnis-Auftritt war einmal mehr sehr überzeugend, man merkt der Band ihre Bühnenerfahrung im positiven Sinne deutlich an, die am gesamten Abend nicht ganz sattelfeste Technik wurde hier überhaupt nicht zum Thema, und die Auswahl der Titel ließ keine Wünsche offen. Neu waren einige Stücke vom kommenden Album, darunter eines aus der Feder des Gitarristen Nikolai, sowie das Auftreten des Sängers Seuche, der gegenüber früheren Konzerten deutlich kontrollierter und bestimmender wirkte.
Auf Fäulnis folgten Lantlôs mit Herbst am Mikrofon. (Der aktuelle Sänger, Neige, war zur gleichen Zeit mit Alcest auf Tour.) Es mag daran liegen, daß ich diesen Bericht zu lange nach dem Festival schreibe, aber ich erinnere mich bei diesem Konzert nur an eine stille, unaufgeregte Atmosphäre auf der Bühne.
Nocte Obducta ließen anschließend lange auf sich warten, es hatte wohl beim Umbau wieder größere Technikprobleme gegeben. Sie spielten eine große Zahl alter Klassiker, und das Publikum war offenkundig mitgerissen – da hatten wohl einige gerade auf dieses Konzert gewartet, nachdem die Band ihre mehrjährige Bühnenabstinenz erst vor kurzem beendet hatte. Musikalisch mögen sie sich zwar nicht zwingend unter die anderen Gruppen einreihen, aber Abwechslung war an diesem Abend Programm.
Den Abschluß des Festivalabends bildeten Verdunkeln mit einem langen, sehr atmosphärischen Auftritt, der einen deutlich differenzierteren Eindruck bei mir hinterließ als jener, den ich von der Band vor einigen Jahren auf einem anderen Festival erlebte. Auch hier war jedoch leider deutlich spürbar, daß die Technik nicht so wollte, wie man sich gewünscht hätte: insbesondere den Sänger hätte man gern deutlich besser gehört.
Die hochkarätige Auswahl an Bands ist sicherlich dem Umstand zu verdanken, daß die Organisatoren, Stage Secrets Management, nach eigenem Bekunden einen hohen künstlerischen Anspruch an die gebotene Musik haben, Wert auf Abwechslung legen und nicht zuletzt während der mehrjährigen Geschichte ihrer Booking-Agentur bereits mit vielen Größen der Black-Metal-Szene arbeiten durften. Auch haben sie bereits größere Konzertveranstaltungen wie das »Autumn Depression« im Oktober 2011 ausgerichtet. Diese umfangreiche einschlägige Erfahrung ließ auf einen reibungslosen Ablauf des Stage-Secrets-Festivals hoffen.
Leider kam es jedoch in mancherlei Hinsicht anders als erwartet; die Tontechnik wurde bereits mehrfach angesprochen, es gab wohl auch Schwierigkeiten mit dem Bühnennebel, und Licht war über weite Strecken praktisch nicht vorhanden. (Daher wird auch an Fotos hier auf metalvisions.de nicht viel zu erwarten sein.) Nach Aussage der Veranstalter waren diese und die im folgenden ausgeführten Kritikpunkte wesentlich auf die Betreiber des Kulttempels zurückzuführen.
Das Hauptproblem für den größten Teil der Besucher stellte die Regel zum Mindestverzehr dar: Man mußte jedes einzelne Mal, wenn man das Gebäude verlassen wollte, wenigstens 3 Euro an der Bar gelassen haben oder sie am Ausgang als »Wegezoll« zahlen. Angeblich sollte damit verhindert werden, daß sich die Besucher in jeder Pause am Auto betrinken und dann randalierend in den Saal zurückkehren, aber zum einen fühlt man sich da als durchschnittlicher Konzertbesucher natürlich schon am Einlaß zu Unrecht verurteilt, und zum anderen muß man dazu wissen, daß der Konzertsaal prall gefüllt und verraucht war und es drinnen nichts zu essen gab. Für frische Luft mußte man also nach draußen, und man war während der zehnstündigen Veranstaltung geradezu gezwungen, auf Essensvorräte im Auto oder bei den Fast-Food-Restaurants der Umgebung zurückzugreifen. Praktisch betrug der Mindestverzehr damit ein Vielfaches von 3 Euro, was für jeden, der nicht ausschließlich gekommen war, um sich an der Bar zu betrinken, vollkommen unakzeptabel sein mußte. Die zynischen Bemerkungen der Türsteher und der Umgang mit Kritik von Seiten des Kulttempels im Nachhinein machen die Sache nicht besser (kritische Kommentare auf deren Facebook-Seite wurden Berichten einiger Besucher zufolge ausnahmslos gelöscht).
Ich will den Bericht vom Stage-Secrets-Festival aber mit einem positiven Ausblick beenden: Die zweite Auflage des Festivals ist für das nächste Jahr geplant, es soll an einen anderen Veranstaltungsort gehen, und ich persönlich glaube angesichts der Art und Weise, wie Stage Secrets Management mit der Kritik der Besucher umgeht, daß aus den Fehlern und Problemen in diesem Jahr gelernt wird.